Ein gutes Konzert kann sein wie ein guter Restaurant-Besuch: Man glaubt die italienische oder französische Küche zu kennen – und wird überrascht: Die Küche zaubert nach einem unbekannten Rezept und man staunt. So ging es einem in der Weddeler Kirche: Man dachte, man kenne seinen Debussy, Chopin oder Berlioz-Aber auf einmal ist man verzaubert von Unbekanntem, das einem auf dem Silbertablett serviert wird. Und so gab es stehende Ovationen am Ende eines ganz besonderen Liederabends in der Christuskirche Weddel – Karen Haverbeck, Sopran und Romeo Knöbel, Klavier, beide im Länderdreieck Schweiz, Frankreich und Deutschland beheimatet, beschenkten das Publikum in der Christuskirche Weddel mit wahren, bei uns eher unbekannten Schätzen besagter Komponisten der französischen Romantik.
Die beiden Vortragenden agierten als eingespieltes Team. Romeo Knöbel zeigte sich als sensibler Begleiter der teils sehr expressiven Liedgesänge. Karen Haverbeck beherrschte die Klaviatur der Stimmungen: den schlichten, eher volksliedhaften und burlesken Gesang in den ausgewählten Polnischen Liedern (Chopin), den lyrisch-poetischen Ton bei Liedern der Sammlung «Irlande» (Berlioz), den schwebenden Harmonien bei Debussy bis hin zu den teils dramatischen Entwicklungen einiger Lieder aus «Les nuits d’été» (Berlioz). Das «Rezitativ und Lied der Lia» (Debussy) ragte als Verzweiflungsschrei einer Mutter besonders heraus.
Karen Haverbeck schien Teil der Szenerie zu sein - ihre flexible, klangvolle und brillante Stimme traf im wörtlichen wie im übertragenden Sinne immer den richtigen Ton, mal zurücknehmend, dann wieder aufblühend. Gesang und Klavierspiel orientierten sich in ihrem Ausdruck an der Herausforderung der bildreichen Texte. Und auch, wenn man des Französischen nicht kundig war, wurden die Zuhörenden in den Bann der jeweiligen Stimmung gezogen. Hilfreich war dabei die Moderation der Konzertorganisatorin Petra Diepenthal-Fuder, die in die Stücke und deren Inhalte einführte. Und so nahm es nicht Wunder, dass Karen Haverbeck und Romeo Knöbel erst nach zwei Zugaben vom Publikum in der gut gefüllten Christuskirche begeistert entlassen wurden.